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Globale Holzmärkte

Dieser Artikel wurde 2006 in der Österreichischen Forstzeitung veröffentlicht

Auch die mitteleuropäische Forst- und Holzwirtschaft muss sich dem globalen Markt stellen

 „Wenn wir Europäer es schwierig finden, mit dem Wettbewerb innerhalb Europas fertig zu werden, wie sollen wir uns dann auf das vorbereiten, was uns noch von außen blüht? Die neuen Märkte werden wie ein Hurrikan durch unser Wirtschaftssystem fegen“
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Soweit Pat Cox, Präsident des EU-Parlaments 2002 – 2004 in einem Interview Mitte Februar 2006 der Tageszeitung „Die Presse“

Am 23.Dezember 2005 kaufte Koch Industries den Weltranglisten-Drittplazierten Papierproduzenten Georgia-Pacific um 17,5 Milliarden Euro. Ende 2005 gab die EU grünes Licht für die Fusion von Jefferson Smurfit und Kappa Packaging, womit sich die Platzierung des neuen Konzerns Smurfit-Kappa in der Weltrangliste auf den 11. Platz noch vor Smurfit-Stone verbesserte. Der britisch-südafrikanische Minenkonzern Anglo-American bereitet den Börsegang an der Londoner Börse von Mondi Packaging and Business Paper für den Herbst vor.

Die Liste aktueller „Mergers and Aquisitions“ der internationalen Forst- und Holzwirtschaft würde sich leicht weiter führen lassen. Viele Analysten der Branche und in der Finanzwelt bezeichnen  diese Konsolidierungswelle als schon längst überfällig. Sie sehen in der sich jetzt mit zunehmender Geschwindigkeit drehenden Spirale der Kapitalkonzentration die Vorbereitungen auf einen tatsächlich globalisierten Markt von Holzprodukten  welcher in erster Linie durch das rasante Wirtschaftswachstum Asiens (allen voran Chinas) initiiert wurde.
 

Markkonzentration – „size matters“

Die weltgrößten holzverarbeitenden Industrien sind zwar jede für sich und aus mitteleuropäischer Position gesehen Giganten, gemessen am Marktanteil des globalen Holzmarktumsatzes kommt aber keiner dieser Konzerne auf einen Marktanteil von höher als 8 %. Während die fünf größten Unternehmen einen Marktanteil am Weltholzumsatz von ca. 23 % erreichen, erreichen die größten zwanzig Unternehmen lediglich 50 % (siehe Grafik 1). 


Grafik 1: Anteil globaler holzverarbeitender Industrien am Weltmarktumsatz

Papier regiert die globale Forst- und Holzwirtschaft

Sichert der mitteleuropäischen Forstwirtschaft nur die Produktion und der Verkauf von Sägeholz das Überleben, so muss doch zur Kenntnis genommen werden, dass Schnittholz nur ca. 20 % zum Umsatz der globalen Forstindustrie beiträgt (siehe Grafik 2). Denn zum überwiegenden Anteil wird die internationale Forstwirtschaft aus der Produktion von Papier und Verpackung finanziert, wobei die internationale Plattenproduktion fast denselben Umsatz erreicht wie die Schnittholzproduktion. So gesehen ist die in Mitteleuropa bestehende Situation der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Forstwirtschaft vom Verkauf von Sägeholz nicht die Norm, sondern eher die Ausnahme.

Andererseits darf auch nicht übersehen werden, dass unsere Sägeindustrie voll in das mehrdimensionale Geflecht der Produktion von Papier und Platten voll eingebunden ist und nie abgekoppelt von der entsprechenden Industrie gesehen werden darf (Stichwort Koppelprodukte). Diesem Umstand wird in Grafik 3 Rechnung getragen. Die globale Produktion von Nutzholz beträgt 1.600 Milliarden fm. Während FAOSTAT den reinen Verbrauch von Rohholz wiedergibt, ist in Grafik 3 dem Umstand Rechnung getragen, dass auch Holz von der Sägeindustrie in die Papier- und Plattenindustrie verschoben wird. Wie die Zahlen zeigen, erwirtschaftet die Papierindustrie mit nur 43 % des Nutzholzeinsatzes einen Anteil von 64 % des globalen, weltweiten Umsatzes. Dies ist einerseits auf den Einsatz von Recyclingpapier aber ganz sicher auch auf eine höhere Wertschöpfung des industriellen Papierproduktionsprozesses gegenüber der Produktion von Schnittholz, Span- und Faserplatten zurückzuführen.
 

Diese Aufteilung der Umsatzanteile nach Produktgruppen spiegelt sich auch in den großen Konzernen wider (siehe Grafik 4). So betragen die Umsätze, die diese Unternehmen aus der Schnittholz- und Plattenproduktion erwirtschaften, meist unter 10 %.Weyerhaeuser bildet hier mit einem Prozentsatz von 41 % eine Ausnahme. Sogar die als reine „Sägeindustrie“ bezeichnete kanadische Canfor kommt nur auf einen Anteil von 60 % des Umsatzes aus dem Schnittholzverkauf.   
 


Grafik 2: Anteile Forstprodukte am Umsatz;  Quelle: FAO und Verband der Finnischen Forstindustrie, 2003

 
Grafik 3: Anteile Forstprodukte am Nutzholzaufkommen;  Quelle: FAO und Sommerauer, 2006

 
Grafik 4: Anteil der Produktion von Schnittholz und Platten am Gesamtumsatz der großen Konzerne

 

Südlich des Äquators steht das Holz der Zukunft

Über 50 % der weltweit jährlich genutzten Holzmenge wird als Brennholz oder für die Holzkohlenproduktion verwendet. Somit verbleiben weniger als 50 % der weltweit genutzten Holzmenge für eine industrielle Verarbeitung. Während die Brennholzernte und der Brennholzverbrauch fast vollständig in den Entwicklungsländern realisiert wird, passiert die industrielle Holznutzung zu 80 % in Europa, Nordamerika und Asien (siehe Grafik 5).
 


Grafik 5: Produktion von Holzprodukten  nach Regionen

Grafik 6 zeigt, dass die globalen Holzvorräte in eine nadelholzreiche Nordhalbkugel und in eine laubholzreiche Südhalbkugel aufgeteilt sind. Die tatsächlich verfügbaren Holzvorräte und die damit realisierbaren Nutzungsmengen sind allerdings diffiziler verteilt.

 

Grafik 6 – Holzvorräte 2003:
Jaakko Pöyry hat diese Grafik mit dem Beisatz betitelt:
„Da ist genug Holz zum Nutzen auf dieser Erde, nur ist es oft nicht am richtigen Platz“.

Holzverfügbarkeit ist der Schlüssel

Von bestehenden Holzvorräten auf die Holzverfügbarkeit zu schließen ist für jene Regionen, in denen das zu erntende Holz nicht aus Plantagen stammt, außerordentlich schwierig. Gerade in Österreich hat sich gezeigt, dass die Mobilisierung von Holzreserven nicht nur eindimensional von der Schwierigkeit des Geländes und somit von den Holzerntekosten abhängt, sondern dass  auch sozio-ökonomische Komponenten wie die Eigentumsart (im Eigentum der verarbeitenden Industrie oder in Fremdeigentum), Eigentumsgröße, Einkommenssituation des Eigentümers und Identifikation des Eigentümers mit Wald als Eigentum, eine sehr gewichtige Rolle spielen. 
Generell kann aber gesagt und erwartet werden, dass Plantagen die höchste Effizienz in Bezug auf Nutzung und Zuwachs aufweisen, während die Naturwälder der nördlichen Halbkugel ein generelles Problem darin haben werden, ein entsprechend hohes Nutzungsprozent des Holzzuwachses zu realisieren. Dies zeigt sich auch in der zunehmenden Bedeutung des Einsatzes von Laubholzhackgut. Die Eucalyptusplantagen der Südhalbkugel bedienen nicht nur regionale Papierfabriken, in zunehmenden Maße wird Eucalyptushackgut auch weltweit verschifft.


 
Grafik 7: Durchschnittliches Nutzungsprozent

Transportkosten sind in globalisierten Märkten vernachlässigbar

Waren die Märkte bis vor einigen Jahrzehnten noch regional, so haben sie sich innerhalb kürzester Zeit internationalisiert. Ohne dabei allerdings die unsichtbare Barriere „Äquator“ zu überschreiten. Man blieb auf der Nordhalbkugel „unter sich“ (gutes Beispiel dafür ist die Gründung der UNECE-Timber Division mit der Gebietsdefinition Europa, Nordamerika und CIS) und ließ die Südhalbkugel mehr oder minder unbeachtet. Heute allerdings ist der Äquator keine Barriere mehr. Es besteht nicht nur mehr der Markt zwischen Österreich und Italien, den USA und Europa oder zwischen Kanada und den USA. Heute wird Holz von Südamerika nach Nordeuropa verschifft, von Südafrika nach Japan und China und wer will heute ausschließen, dass nicht bald auch Chile Pinus radiata-Schnittholz nach Italien liefern wird?
Denn könnte es nicht sein, dass aufgrund der hohen Binnentransportkosten in Europa, Länder wie Italien, die direkten Zugang zum Meer haben, zukünftig mehr Holz auf dem Seeweg direkt aus Ländern der Südhalbkugel importieren werden, da die Produktpreise von „Holz aus Übersee“ am Zielort aufgrund niedriger Transportkosten und niedriger Produktionskosten attraktiver werden?
Zwei Beispiele untermauern diese Fragestellungen:
Bereits in Umsetzung befindet sich die 30 %ige Aufstockung der Kapazität der globalen Schiffsflotte zum Überseetransport von Holzhackgut (das sind ca. 30 Spezialschiffe die bis Ende 2009 in See stechen werden). Weiß man, dass jedes dieser Schiffe jetzt schon einem Langzeitvertrag von 10 – 15 Jahren unterworfen ist, so kann man sich ausmalen, wie sich der zukünftige Transport von Laubholzhackgut entwickeln wird.
Papierkonzerne, die über den Bau von Papierfabriken in China nachdenken, kalkulieren mit einem fixen Anteil von importiertem Hackgut. So hat sich bei der Aufstellung der Business-Pläne gezeigt, dass die Gründung von Plantagen zur Holzversorgung im südlichen China (dort sind Holzzuwächse von ca. 25 – 30 fm jährlich ohne Probleme realisierbar) nur bedingt wirtschaftlich ist. Die hier angestellte Wirtschaftlichkeitsrechnung hat ergeben, dass Holz aus regionalen (!) Plantagen nur dann wirtschaftlich erzeugt werden kann, wenn die LKW-Transportdistanz weniger als 80 – 120 km beträgt. Ist die Plantage weiter entfernt, so ist es wirtschaftlicher, Laubholzhackgut (vornehmlich Eucalyptus) per Schiff aus Vietnam oder Neuseeland zu importieren.

Den Plantagen gehört die Zukunft?

Ein Vergleich der globalen Holzrohstoffpreise für die Papiererzeugung zeigt, dass Plantagen der Südhalbkugel Holz zu konkurrenzlos niedrigen Preisen produzieren können. Zu beachten ist bei der Betrachtung dieser Plantagenholzpreise auch, dass neben den Holzernte-, Verwaltungs- und „Waldbaukosten“ auch die Amortisation von Grund und Boden, sowie die Kosten für Düngung und Bewässerung enthalten sind (siehe Grafik 8).

 
Grafik 8: Holzpreise für Schleifholz weich

Verantwortlich für diese niedrigen Holzpreise sind:

  • Niedrige Lohn- und Gehaltskosten
  • Hohe Reproduktionsraten
  • Geringe Holzerntekosten (trotzdem in machen Regionen noch motormanuell geerntet wird)
  • Niedriges Niveau der Umweltstandards

Interessant zu erwähnen bleibt, dass sogar internationale Beratungsunternehmen mitteleuropäische Holzpreise in ihren Präsentationen anführen (siehe Grafik 9) und Jaakko Pöyry aus den eben erwähnten Gründen einen Wechsel in der globalen Holzproduktion weg von den borealen Wäldern hin zu den subtropischen Plantagen vorhersagt. Wobei zusätzlich auf relevante Umweltaspekte in der Art hingewiesen wird (z.B. die sich in Europa abzeichnende intensivierte Diskussion in Richtung einer Nutzungseinschränkung zugunsten einer Biodiversitätserhöhung).

  

Grafik 9: Holzpreise lt.Wood resource international

Der globale Markt

Nordamerika und Europa
Stellt man die aktuelle Produktion von Holzprodukten von Nordamerika und Europa (welche in Summe ca. 60 % der globalen Gesamtproduktion stellen) den Weltholzreserven gegenüber und berücksichtigt man, dass der gegenseitige Außenhandel von  Nordamerika und Europa annähernd  60 % des gesamten Außenhandelsaufkommens von Holzprodukten ausmacht, dann ist abzusehen, dass die zukünftigen Potentiale in Handel und Produktion in andere Regionen verschoben werden. Nachdem die weltweite Recyclingquote bei der Papiererzeugung demnächst die 50 %-Marke überschreiten wird, Westuropa und die USA teilweise schon weit jenseits von 50 % liegen, die zusätzliche Realisierung des Holzzuwachses zudem in diesen Regionen großer Anstrengungen bedarf, ist zu erwarten, dass sich die Holz verarbeitende Industrie in dieser Region auf eine Intensivierung des Rohstoffhandels einstellen wird. Dies entspricht auch den Aussagen der jüngst vorgestellten EFSOS-Studie.

Lateinamerika
Trotz der in Lateinamerika ungebrochenen Investitionstätigkeit in die Papier- und Zellstoffindustrie (gerade wieder haben Botnia, UPM und Metsälitto angekündigt, gemeinsam ein Zellstoffwerk mit einer Kapazität von einer Million Tonnen zu errichten) hat sich alleine im Zeitraum von Mitte 2004 bis Mitte 2005 der Export von Hackgut von 600.000 atro t auf über 800.000 atro t erhöht. Nachdem nun neben Brasilien und Chile auch Uruguay und Ecuador beginnen, Rundholz für die Papierindustrie zu exportieren, wird erwartet, dass die Gesamtexportquote von Hackgut und Rundholz aus Lateinamerika 2005 die Vier-Millionen-Atro-Tonnen-Grenze überschreiten wird. Zielländer dieser Exporte sind Norwegen, Italien, Marokko, Finnland und die Türkei.

Asien und Ozeanien
Während die Holz verarbeitende Industrie in Europa und Nordamerika die Chance zu Wachstum nur mehr in „Mergers and Aquisitions“ sieht, werden echte Kapazitätsausweitungen nur mehr in Asien und hier vor allem in China gesehen (abgesehen von den schon beschriebenen Entwicklungen in Lateinamerika). Während die meisten Staaten dieser Region primär als Lieferanten von Rohholz/Rohfaser jeglicher
Art zu sehen sind, ist die Rolle Chinas differenzierter. Eine Beschreibung dieses Marktes würde einer weiteren Kolumne bedürfen, eines kann aber gesagt werden: Berücksichtigt man, dass China derzeit nur über geringste eigene Holzressourcen verfügt, so erstaunt es doch, wie groß mittlerweile der Marktanteil chinesischer Produkte der Papierindustrie am Weltmarkt ist. 
 


Grafik 10: Handelsbilanz 2003

 
Schlussfolgerungen

Niemand wir heute mehr bestreiten, dass sowohl die Märkte für Rohholz als auch für  Holzprodukte global sind. Somit ist klar, dass sich nicht nur die Holz verarbeitende Industrie sondern auch die Forstwirtschaften Mitteleuropas (über ihre Holzprodukte) im globalen Wettbewerb befinden. Bisher ist es Dank einer hoch kostenorientierten Forstwirtschaft und einer sehr professionell agierenden Säge-, Platten und Papierindustrie gelungen auch dann Gewinne zu erwirtschaften, wenn nicht beeinflussbare Faktoren (Klima, Gelände, Personal- und Energiekosten, …) die Konkurrenzfähigkeit gegenüber subtropischen Plantagen erheblich einschränken.
Der Konkurrenzdruck wird aber in Zukunft steigen und global die Rohstoffpreise von Holz weiter unter Druck setzen. Auch wenn jetzt kurzfristig aufgrund der lokalen Holzknappheit in Mitteleuropa die Holzpreise steigen werden, so wird dies ganz sicher nicht zu einer langfristigen Holzpreiserhöhung führen. Deswegen muss mit viel größerer Anstrengung als bisher versucht werden, der Forstwirtschaft das Überleben zu sichern, indem ihr die von ihr zur Verfügung gestellte Wohlfahrts-, Erholungs- und Schutzfunktion von der Allgemeinheit abgegolten wird. Denn hierin ist die wirkliche Stärke der mitteleuropäischen Forstwirtschaft zukünftig zu suchen.
Und nur über diesen Umweg wird es unserer Forstwirtschaft weiterhin möglich sein, unserer Holz verarbeitenden Industrie Holz zu einem Preis zur Verfügung stellen zu können, der es ermöglicht, dass die Produkte dieser Industrie  weiterhin am Weltmarkt konkurrieren können.

Weitere Informationen in Englisch finden sie >>hier<<

Literatur kann beim Verfasser angefordert werden

 



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